Interview: Dr. Linda Dieckmann

🗓️ 18.07.2024

Dr. Linda Dieckmann

Business Analyst in der Abteilung für Datenmanagement

Stell dich vor, was ist Deine Position und wie kommst du mit Datenkompetenz in deinem Unternehmen in Berührung?

Dr. Linda Dieckmann

Ich bin Linda und arbeite bei Westnetz in der Abteilung für Datenmanagement. Hier bin ich vor allem im Bereich der Data Governance aktiv. Data Governance bedeutet für uns, dass wir einen professionellen Umgang mit Daten im Unternehmen etablieren – und dafür muss Datenkompetenz in der Unternehmenskultur verwurzelt werden.  
Außerdem bin ich freiberuflich als Dozentin für Essential Data Science Training München tätig. Hier gebe ich sehr anwendungsorientierte Kurse für verschiedene Zielgruppen, z.B. in Statistik und Programmierung, für die konkrete Auswertung und Interpretation von Datensätzen.  

Was ist dein persönliches Interesse an Datenkompetenz und warum glaubst du, dass das Thema relevant ist? 

Dr. Linda Dieckmann

Durch meinen Background in Psychologie und kognitiver Neurowissenschaft habe ich mich damit beschäftigt, wie Menschen Informationen verarbeiten und daraus Erkenntnisse gewinnen. Zu verstehen, wie wir als Menschen denken und entscheiden und für welche Verzerrungen in unseren Urteilen wir anfällig sind, das sind sehr spannende Themen, die auch beim Umgang mit Daten eine große Rolle spielen. Datenkompetenz umfasst für mich sehr viele verschiedene Aspekte und Fähigkeiten, die zentral sind, um durch Daten zu besseren Erkenntnissen zu gelangen und damit das Potential von Daten für uns als Menschen und als Gesellschaft zu nutzen. Damit ist Datenkompetenz nicht erst seit heute relevant, gewinnt aber zunehmend an Bedeutung. Das ergibt sich beispielsweise aus aktuellen technologischen Entwicklungen, die zum einen die schiere Masse an verfügbaren Daten erhöhen, und zum anderen neue Möglichkeiten der Datenauswertung eröffnen.  

„Wenn möglichst viele Menschen datenkompetent sind, sehe ich darin viele Chancen, z.B. dass wir uns als Gesellschaft weiterentwickeln und Daten so für uns nutzen, dass wir zu besseren Entscheidungen, effizienteren Prozessen und neuen Einblicken finden.“

Wie wichtig ist es deiner Meinung nach für die Gesellschaft, Datenkompetenzen einem breiten Publikum zugänglich zu machen? Welche Gefahren und Chancen siehst du hier?  

Dr. Linda Dieckmann

Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig, dass Datenkompetenz möglichst allen Menschen vermittelt wird. In gewisser Weise beginnen wir damit als Gesellschaft auch schon früh, z.B. beim Mathematikunterricht in der Schule (Statistik ist da z.B. meiner Ansicht nach ein zentrales Element). Aber es steckt eben noch so viel mehr dahinter. Auch das Bewusstsein, dass Daten sich überall in unserem Alltag finden und uns dabei helfen können, Informationen besser zu beurteilen. Datenkompetenz betrifft also nicht nur die Menschen, die beruflich direkt mit Daten zu tun haben, sondern uns alle.  

Gefahren sehe ich eher darin, wenn Datenkompetenz fehlt – oder wenn sie falsch verstanden wird. Manchmal kann es passieren, dass Daten herangezogen und als eine objektive Wahrheit vorgestellt werden. Ganz so klar ist es leider nicht, denn Daten müssen auch interpretiert werden – Wobei wir schnell wieder bei Verzerrungen sind, die sich einschleichen können. Daten helfen also uns einer objektiveren Wahrheit anzunähern, sind aber längst nicht für sich gesehen objektiv und müssen auch immer im Kontext betrachtet werden. Wenn möglichst viele Menschen datenkompetent sind, sehe ich darin viele Chancen, z.B. dass wir uns als Gesellschaft weiterentwickeln und Daten so für uns nutzen, dass wir zu besseren Entscheidungen, effizienteren Prozessen und neuen Einblicken finden. Außerdem auch, dass wir unsere persönliche Meinung hinterfragen können und eine breitere Grundlage als unseren eigenen Erfahrungsschatz haben, um uns eine Meinung zu bilden. 

Was für Datenkompetenz Initiativen benötigt es für den Wirtschaftsstandort Deutschland, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben und warum?

Dr. Linda Dieckmann

Erstens sollten schon junge Menschen von Anfang an Datenkompetenz vermittelt bekommen. Dazu gibt es auch bereits sehr gute Initiativen, aber diese müssen flächendeckend verankert sein, um alle Teile der Gesellschaft abzuholen. Dementsprechend sollten sie auch in festen Programmen, bzw. im Lehrplan, verankert werden. Weiterhin sollte jedes Unternehmen Verantwortung dafür übernehmen die Datenkompetenz der eigenen Mitarbeiter auszubauen und zu fördern. Das bedarf nicht nur Initiativen, sondern einer festen Verankerung in der Unternehmenskultur. Und schließlich müssen wir auf gesellschaftlicher und politischer Ebene eine gute Balance finden zwischen der Abwägung von Chancen und Risiken, die sich durch Daten(-erfassung/-nutzung) ergeben können. Ethische Standards und Regulierung sind enorm wichtig, aber diese dürfen nicht dazu führen, dass wir sämtliche Innovationen verhindern, beispielsweise durch einen extremen bürokratischen Aufwand.   

Gibt es eine formulierte Datenstrategie in Eurem Unternehmen? Wer/welcher Fachbereich verantwortet diese?

Dr. Linda Dieckmann

Konzernweit gibt es die E.on. Datenstrategie, die kürzlich veröffentlicht wurde. Innerhalb der Westnetz überarbeiten wir aktuell unsere eigene Datenstrategie, um sie an die neuen Gegebenheiten und Unternehmensziele anzupassen. Darum kümmert sich unsere Abteilung, das Team Datenmanagement.  

Welcher Bereich verantwortet bei Euch im Unternehmen das Thema der Data Governance? Wie wichtig ist für Dich dieser Bereich, wenn es um den Aufbau von unternehmensweiten Datenkompetenzen geht? 

Dr. Linda Dieckmann:

Wir in der Abteilung Datenmanagement sind im Bereich Daten/Prozesse/IT angesiedelt und verantworten das Thema Data Governance für die Kernprozesse der Westnetz. Mit unserem Data Governance Konzept möchten wir dadurch business-nah und non-invasiv sein. Das heißt professionelles Datenmanagement soll zu einem etablierten Standard werden und täglich gelebt werden, indem es in den Prozessen verankert wird und nicht in einem abgegrenzten Bereich stattfindet.