Interview: Dr. Fabian Schomm-von Auenmüller

🗓️ 29.02.2024

Dr. Fabian Schomm-von Auenmüller

Head of Data

Stell dich vor, was ist Deine Position und wie kommst du mit Datenkompetenz in deinem Unternehmen in Berührung?

Fabian Schomm-von Auenmüller

Ich bin Fabian Schomm-von Auenmüller und ich arbeite als Head of Data bei Momentus Technologies, ehemals Ungerboeck. Momentus Technologies ist ein Anbieter von Venue- und Eventmanagement-Software, wurde vor 35 Jahren als Familienunternehmen gegründet und hat knapp 500 Mitarbeitende weltweit. In meiner Rolle als Head of Data berichte ich direkt an den CTO und mein Hauptfokus liegt aktuell auf dem Aufbau eines Data Warehouses.  

Was ist dein persönliches Interesse an Datenkompetenz und wie wichtig ist es deiner Meinung nach für die Gesellschaft, Datenkompetenzen einem breiten Publikum zugänglich zu machen?

Fabian Schomm-von Auenmüller

Mein persönliches Interesse an Datenkompetenz liegt darin, dass ich glaube, dass Daten in vielen Bereichen, sowohl persönlich als auch beruflich, eine immense Bedeutung haben. Es hat sich schon sehr oft als vorteilhaft erwiesen, wenn man weiß, wie man eine Excel-Tabelle aufzieht, oder wie man eine Pivot-Tabelle erstellt. 

Besonders im beruflichen Kontext sehe ich eine große Relevanz von Datenkompetenz. Viele Fachleute in verschiedenen Branchen arbeiten mit großen Mengen an Daten, sei es im Finanzbereich, im Marketing oder in der Produktentwicklung. Gleichzeitig macht es aber auch nachdenklich, wenn man sieht, wie wenig Datenkompetenz manche Leute in diesen Bereichen haben und selbst Experten verlassen sich leider manchmal zu sehr auf die Tools, die sie haben. Um effektiv zusammenzuarbeiten ist es dann oftmals eine große Herausforderung die Brücke zwischen mir als Fachexperten und den jeweiligen Branchenexperten zu schlagen.  

Je mehr Menschen grundlegende Datenkompetenzen entwickeln, desto besser können sie mit Datenexperten kommunizieren und gemeinsam zu produktiven Ergebnissen kommen. Daher sehe ich die Förderung von Datenkompetenz, und damit Projekte wie die Toolbox Datenkompetenz, als äußerst relevant und wertvoll an. 

Es ist meiner Meinung nach entscheidend Datenkompetenzen einem breiten Publikum zugänglich zu machen, vor allem vor dem Hintergrund der digitalen Transformation und der rasanten Entwicklung von Technologien in den letzten Jahren.“

Wie wichtig ist es deiner Meinung nach für die Gesellschaft, Datenkompetenzen einem breiten Publikum zugänglich zu machen, und welche Gefahren und Chancen siehst du hier? 

Fabian Schomm-von Auenmüller

Es ist meiner Meinung nach entscheidend Datenkompetenzen einem breiten Publikum zugänglich zu machen, vor allem vor dem Hintergrund der digitalen Transformation und der rasanten Entwicklung von Technologien in den letzten Jahren. In der heutigen Gesellschaft entstehen Daten auf vielfältige Weise, sei es durch Einkaufsverhalten oder die Nutzung von Online-Diensten wie Suchmaschinen und Social Media. Ich sehe hierbei sowohl Gefahren als auch Chancen.  

Die Gefahren liegen oft im Unbewusstsein der Bürger darüber, welche Daten über sie gesammelt und gespeichert werden. Ein Beispiel sind Kundenkarten-Programme im Supermarkt, bei denen vielen Leuten gar nicht bewusst ist, dass ihnen da nichts geschenkt wird, sondern man verkauft effektiv seine Daten – die Daten darüber, wann und wie viel man einkauft. Die daraus entstehenden Muster sind dann wiederum monetär wertvoll für andere. Hier liegt eine Gefahr in der mangelnden Transparenz, wer denn genau was mit diesen Daten macht, und im fehlenden Bewusstsein darüber, wie die Geschäftsmodelle von großen kostenfreien Onlinediensten, insbesondere Social Media, funktionieren, in welchem man nicht der Nutzer, sondern eben das Produkt ist. 

Im Hinblick auf Datenkompetenzen sehe ich hier aber auch die Chance in der Bildung und Sensibilisierung der Bürger. Ein Bewusstsein über Daten und wie sie von Dritten (aus-)genutzt werden können, kann helfen, informierte Entscheidungen zu treffen und die eigene digitale Präsenz besser zu schützen. Und mit dieser Sensibilisierung sollte man durchaus schon in den Schulen anfangen: Die Entwicklung von Lehrplänen muss mit der rasanten technologischen Entwicklung Schritt halten, um Kindern ein Verständnis für die digitale Welt zu vermitteln. Eine internetkompetente Gesellschaft kann bewusster mit den Chancen und Risiken umgehen, die mit der zunehmenden Digitalisierung einhergehen. 

Auf individueller Ebene ermöglicht Datenkompetenz nicht nur eine bewusstere Nutzung von Online-Diensten, sondern auch die Fähigkeit, Daten für persönliche, gesellschaftliche oder berufliche Zwecke effektiver zu nutzen.  

Wie ist das Thema Daten bei Momentus Technologies strukturiert? 

Fabian Schomm-von Auenmüller

Das Thema Daten bei Momentus bietet enorm viel Potenzial. Als SaaS-Anbieter fallen bei uns überall Daten an: jedes Ereignis, jede Interaktion, alles wird im jeweiligen Tool erfasst und gespeichert. Die Herausforderung besteht darin, Herr dieser regelrechten Datenflut zu werden, indem eine Datenstrategie erarbeitet wird, welche es ermöglicht, die Daten effizient nutzbar zu machen und gleichzeitig die Einhaltung gängiger Standards und Richtlinien zum Thema Datensicherheit gewährleistet. So eine Datenstrategie kann aber nicht in Isolation erschaffen werden, sondern muss alle beteiligten Fachabteilungen berücksichtigen und mitnehmen. 

In den letzten Jahren hat sich Momentus enorm modernisiert und in diesem Zuge neue System in entscheidenden Bereichen gekauft. So wurden ein CRM-System, ein ERP-System, sowie ein zeitgemäßes Marketing-System eingeführt. Diese Systeme haben jeweils ihre eigene Datenhaltung, und es ist nun meine Aufgabe, das alles in ein integriertes, gemeinsames Datenmodell zu überführen, um ein ganzheitliches Reporting zu ermöglichen. In späteren Schritten können dann Machine Learning und Data Science folgen. 

Eine Kernherausforderung bei der Datenintegration ist das Silo-Denken: Wenn man Daten als Abteilungs- oder Team-spezifische Ressource begreift, bleiben einem leider viele Vorteile verwehrt. Erst wenn man das Thema Daten unternehmensweit betrachtet, ergeben sich Synergie-Effekte und man kann sehr nutzbringende Analysen generieren. Diese werden dann genutzt, um genauere Entscheidungen zu treffen und unsere Produkte weiter zu verbessern

Gibt es bei euch bereits eine klar formulierte Datenstrategie, wer verantwortet diese, oder befindet sie sich noch in der Entwicklung?

Fabian Schomm-von Auenmüller

Wir haben eine Vision vom CEO, die beschreibt, wie wir uns in diesem Bereich zukünftig aufstellen wollen. Diese Vision besteht darin, datengetriebene Use Cases voranzutreiben, indem eine Datenplattform für Data Empowerment bzw. Data Democracy geschaffen wird. Das Ziel ist, dass jeder im Unternehmen, der ein berechtigtes Interesse an gewissen Datensätzen hat, diese schnell und einfach erhalten kann. Diese Vision entstand aus der Beobachtung, dass Spreadsheet-Analysen und ähnliche manuelle Prozessen oftmals nicht ausreichend sind, um schnell, flexibel, und dadurch konkurrenzfähig zu sein. 

Die Verantwortung für die Entwicklung der Datenstrategie liegt bei mir in Zusammenarbeit mit dem CTO. Die Herausforderung besteht darin, eine Balance zwischen einer gründlichen Anforderungsanalyse und der schnellen Umsetzung erster Business Use Cases zu finden. Auf der einen Seite gibt es ein berechtigtes Interesse daran, möglichst schnell eine Datenplattform hochzuziehen, um Wert daraus zu erzeugen. Auf der anderen Seite möchte ich aber auch natürlich einen langfristigen Beitrag zur Unternehmensmission leisten, und dafür gilt es die Rahmenbedingungen und Anforderungen genau zu prüfen, um die Grundlagen für eine skalierbare und automatisierte Datenplattform zu schaffen. Sorgfältiges Abwägen zwischen diesen beiden Seiten ist essenziell, um Erfolg zu haben. 

Wie sieht es bei euch mit unternehmensweiten Datenkompetenzen aus? Sind sie zentralisiert oder auf ein kleines Team beschränkt, oder gibt es unternehmensweit bereits umfangreiche Datenkompetenzen? 

Fabian Schomm-von Auenmüller

Die Datenkompetenzen sind innerhalb des Unternehmens noch sehr heterogen verteilt.  

Das Data Team, obwohl dies organisatorisch noch nicht so heißt, bildet den Nukleus und besteht aus Personen, die die Vision vorantreiben. Im technischen Bereich, insbesondere bei Entwicklern, schätze ich die Datenkompetenz recht hoch ein, da diese mit Datenbanken und verwandten Technologien vertraut sind. Darüber hinaus gibt es einige Mitarbeiter in verschiedenen Abteilungen, die ein erweitertes Verständnis für den Umgang mit Daten haben und bereits ihre eigenen, kleineren Datenprojekte angegangen sind. Diese Power User sind die besten Kandidaten als early adopter der Datenplattform zu fungieren, und damit eine Leuchtturm-Rolle hinein ins weitere Unternehmen zu erfüllen. 

Das Ziel ist, die unternehmensweite Datenkompetenz zu steigern, sowohl durch die Einstellung neuer Mitarbeiter mit entsprechenden Fähigkeiten als auch durch Schulungen und Weiterbildungen für bestehende Mitarbeiter.  

Self Service im Bereich Business Intelligence (BI) wird bei uns als primäre Strategie betrachtet, um die Fachbereiche enger in den Datenprozess einzubeziehen und eine bessere Zusammenarbeit zu ermöglichen. 

Gibt es denn dahingehend bei euch schon eine systematische Strategie zum Aufbau von Datenkompetenz? 

Fabian Schomm-von Auenmüller

Momentan befindet sich unsere Strategie dazu noch in der Entwicklungsphase. Ich gehe davon aus, dass sie sich nach den jeweils auftretenden Anforderungen richten wird. Konkret bedeutet dies, dass wir, wenn unser Data Warehouse als Plattform für den Self-Service-Bereich einsatzbereit ist, zentrale Workshops, Schulungen oder Dokumentationen anbieten werden, um zu erklären, wie man darauf zugreifen kann. Auch das Thema Berechtigungen und die Bereitstellung von Beispiel-Dashboards stehen dabei im Fokus. 

Zusätzlich haben wir bereits eine kommerzielle online Lern-Plattform lizenziert. Hier gibt es umfangreiche Inhalte, insbesondere zu Tools wie Power BI. Die Idee besteht darin, dass wir von zentraler Stelle auf dieser Plattform empfohlene Lernpfade zusammenstellen können, welche die Kollegen dann durchlaufen können. 

Durch diese Strategie können wir Meinungen und Empfehlungen in die Lernressourcen einbringen, ohne den gesamten Inhalt selbst erstellen zu müssen. Unser Hauptziel ist es, den Mitarbeitern die nötigen Fähigkeiten zu vermitteln, damit sie produktiv mit den bereitgestellten Datenkomponenten arbeiten können, sobald sie auf der Plattform selbst aktiv sind. 

Gibt es bereits Anreizsysteme für die Weiterqualifizierung der Mitarbeitenden im Bereich Datenkompetenz und Data Literacy?

Fabian Schomm-von Auenmüller

Aktuell existieren noch keine konkreten Anreizsysteme für die Weiterqualifizierung der Mitarbeitenden im Bereich Datenkompetenz. Allerdings werden wir versuchen, Mitarbeitende intrinsisch zu motivieren, indem ihnen aufgezeigt wird, dass die erworbenen Fähigkeiten nicht nur für ihre jetzige Anstellung nützlich sind, sondern auch für ihre eigene persönliche berufliche Weiterentwicklung von großem Vorteil sein kann. Viele Mitarbeitende sind bereits intrinsisch motiviert, da sie sich der Limitierungen von Tabellenkalkulationsprogrammen bewusst sind und wissen, dass es fortschrittliche und leistungsstarke BI Tools gibt. Die Qualität der Arbeitsergebnisse und die Möglichkeit, transferierbare Fähigkeiten zu erwerben, dienen als Anreiz. Falls die Kurse und Qualifizierungsmöglichkeiten nicht den gewünschten Effekt zeigen, könnte in Zukunft eine Überprüfung und mögliche Anpassung der Anreizsysteme in Betracht gezogen werden. Derzeit mache ich mir in dieser Hinsicht jedoch noch keine Sorgen. 

Je mehr Menschen grundlegende Datenkompetenzen entwickeln, desto besser können sie mit Datenexperten kommunizieren und gemeinsam zu produktiven Ergebnissen kommen